Freiwillige Ethische Selbstverpflichtung der Deutschen Buddhistischen Union e.V. (DBU)

Neufassung nach Feedbacks der Mitglieder*innen und der Ethik-AG, September 2020. Verabschiedet auf der DBU-Mitgliederversammlung Oktober 2020.

Als Mitglieder*innen von buddhistischen Gemeinschaften und als Praktizierende fühlen wir uns den ethischen Richtlinien verpflichtet, die der Buddha aufgezeigt hat: Silas, Paramitas, die zehn heilsamen Handlungen und vieles mehr. Wir bemühen uns aufrichtig darum, diese Richtlinien in unserem Leben umzusetzen. Gleichzeitig sind wir uns darüber bewusst, dass es immer wieder unterschiedliche Auslegungen gibt, die zu Missverständnissen führen, und dass Verletzungen der buddhistischen Ethik geschehen, die als Missbrauch zu bezeichnen sind. Diese ethische Selbstverpflichtung berücksichtigt die ethischen Richtlinien des Buddhismus. Gleichzeitig berücksichtig sie die Gesetzgebung und die ethischen Werte der Gesellschaft, in der wir leben. Unser Vorbild ist dabei Buddha: Er hat immer dann Regeln aufgestellt, wenn dies aufgrund eines untugendhaften Verhaltens und einer Beschwerde darüber notwendig wurde. Außerdem hat er seine Schülerinnen und Schüler gelehrt, nach den Gesetzen des Landes zu leben. Diese Selbstverpflichtung soll die ethischen Richtlinien der jeweiligen buddhistischen Traditionen keineswegs ersetzen, sondern eine Ergänzung darstellen, um den Bedingungen und Anforderungen der heutigen Umstände gerecht zu werden. Sie ist für all die Gemeinschaften und Einzelmitglieder*innen der DBU, die sie durch Unterschrift verbindlich für sich annehmen, nicht als Mittel des Moralisierens gedacht, sondern als Stütze und Schutz. Indem wir uns an diese Richtlinien halten, befolgen wir gleichzeitig die entsprechenden gesetzlichen Regelungen in Deutschland, insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung und das Bundeskinderschutzgesetz.

Wir bemühen uns um heilsame Handlungen

  • Wir bieten den Menschen in unseren Gemeinschaften und Praxisgruppen eine Gesprächskultur an, die geprägt ist von Offenheit, gegenseitiger
    Wertschätzung, respektvoller Kritik, einem positiven Verhältnis zur Selbstverantwortung und der Bereitschaft, Fehler freundlich und konstruktiv zu
    benennen, anzuerkennen und aus ihnen zu lernen.
  • Wir bestärken Menschen darin, sich bei Interesse über andere Religionen und andere buddhistische Schulen unvoreingenommen zu informieren, diese kennenzulernen und einen offenen, freundlichen und respektvollen Austausch mit ihnen zu pflegen.
  • Wir fördern Menschen darin, heilsame und förderliche Beziehungen untereinander und zwischen Dharma-Lehrer*innen und Schüler*innen zu pflegen.
  • Wir klären Menschen auf über die Dynamiken von Grenzverletzungen und Machtmissbrauch sowie über angemessene und unangemessene Erwartungen an eine Gemeinschaft, ein Zentrum oder Dharma-Lehrer*innen. Dafür ergreifen wir geeignete Maßnahmen – finden beispielsweise ein Procedere, stellen Gremien auf, ernennen Ansprechpersonen für Konflikte, bilden Mitarbeiterrinnen aus oder bieten Vorträge und Workshops zum Thema an.
  • Wir informieren über geeignete Ansprechpartner*innen, beispielsweise die DBU-Ansprechpersonen für Missbrauchsfalle in buddhistischen Gemeinschaften, an die Menschen sich vertrauensvoll wenden können, sollten sie den Eindruck haben, diese ethische Selbstverpflichtung werde ihnen gegenüber verletzt.
  • Wir wissen um die besondere Verantwortung des Umgangs mit Kindern und Jugendlichen. Sollte es Kinder- und Jugendaktivitäten in unserer Gemeinschaft geben, achten wir darauf, dass ausschließlich fachlich und menschlich gut geeignete Personen in dieser Arbeit aktiv sind und lassen uns, entsprechend der Gesetzgebung der Bundesländer, in denen diese Kinder- und Jugendarbeit geschieht, gegebenenfalls regelmäßig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.

Wir unterlassen unheilsame Handlungen

  • Wir setzen Menschen in unseren Gemeinschaften und Praxisgruppen keinerlei Form von Gewalt, Grenzverletzung, Entwürdigung oder Machtmissbrauch aus (sexualisiert, körperlich, verbal, emotional, finanziell).
  • Insbesondere als Meditations- und Dharma-Lehrer*innen sind wir uns des Machtgefälle zu unseren Schüler*innen bewusst. Dieses Machtgefälle werden wir nicht missbrauchen. Darum verführen wir unsere Schüler*innen nicht, noch lassen wir uns von ihnen in unbedachte sexuelle Beziehungen verführen. Nach einem buddhistischen Retreat lassen wir eine angemessene Zeit (empfohlen wird mindestens ein Jahr) verstreichen, bevor wir erwägen, eine sexuelle Beziehung zu einer Kursteilnehmerin oder einem Kursteilnehmer einzugehen. Die menschliche Psyche braucht genügend Zeit, um die tiefgreifende Veränderung einer Beziehung zu verstehen. Sollte es dann zu einer intimen Beziehung kommen, muss die Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehung sowohl formal wie innerlich beendet sein, damit sich die Beziehung auf Augenhöhe und ohne Machtgefälle entwickeln kann.
  • Als Dharma-Schüler*innen sind wir uns darüber bewusst, dass es im intensiven menschlichen Miteinander eines Retreats oder sonstiger buddhistischer Veranstaltungen zu Gefühlen des Hingezogenseins kommen kann, die oft nichts mit Liebe zu tun haben. Mit solchen Gefühlen gehen wir verantwortlich um, sowohl uns selbst wie den Menschen gegenüber, auf die sich diese Gefühle richten.
  • In unseren Gemeinschaften sehen wir davon ab, Menschen in Lügen, Vertuschungen, Geheimnisse und elitäre Zirkel einzubinden, die sie von ihren
    Mitpraktizierenden isolieren, ihren eigenen ethischen Grundsätzen entfremden oder in Gewissenskonflikte treiben.
  • Wir setzen Menschen keinen Strukturen aus, die absoluten Gehorsam verlangen und Abhängigkeit und Hilfsbedürftigkeit nach sich ziehen.
  • Wir nutzen Menschen in ihrem Idealismus oder ihrer existenziellen Abhängigkeit (Lebensunterhalt) nicht aus, indem wir ihre Zeit und ihr Engagement unangemessen in Anspruch nehmen. Ein Beispiel dafür ist das falsche Versprechen, eine besonders intensive Mitarbeit mache es möglich, das eigene Karma rascher positiv zu verändern oder andere spirituelle Verdienste zu erlangen.
  • Wir nutzen Menschen nicht in ihrer Spendenbereitschaft aus, indem wir sie zu Spenden überreden oder aber ihre Spenden zweckentfremdet verwenden.
  • Wir grenzen Menschen nicht aus oder bringen ihre Stimme auf offene oder subtile Weise zum Schweigen, wenn sie Kritik üben.
  • Wir unterlassen es, Menschen aufgrund individueller oder kollektiver Merkmale zu diskriminieren (wie Geschlecht, Alter, körperliche Besonderheiten, Gender-Identität, ethnische Identität, sexuelle Orientierung, psychische Stabilität, Intensität der Beziehung zum Dharma oder zu Dharma-Lehrer*innen). Nicht zu diskriminieren bedeutet, ein Umfeld frei von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung zu schaffen.
  • Wir verleiten Menschen nicht zu Vorurteilen und Intoleranz, indem wir andere Religionen oder die Lehren anderer buddhistischer Schulen pauschal und undifferenziert kritisieren; wir verengen ihren Blick nicht, indem wir unser buddhistisches Verständnis, unsere Praxisformen und unsere Dharma-Lehrer*innen pauschal und undifferenziert als besten oder einzigen Weg zu Glück und Befreiung darstellen.

Als unterzeichnende DBU-Mitgliedsgemeinschaft machen wir diese ethische Selbstverpflichtung in unseren Zentren und Gemeinschaften zugänglich, beispielsweise durch einen öffentlichen Aushang oder auf andere transparente Weise. Wir werden die hier aufgeworfenen Themen innerhalb der DBU fortlaufend mit Vertreter*innen anderer Mitgliedsgemeinschaften und dem Rat der DBU besprechen, um eine heilsame gemeinschaftliche Dharmapraxis in allen Gemeinschaften der DBU kontinuierlich zu fördern.

Reinhard Türk, 1. Vorsitzender
Dorothea Nett, 2. Vorsitzende

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