Zunächst möchte ich Sie alle begrüßen und Tashi Delek allen senden die sich zum 36. Kagyü Mönlam versammelt haben: Dem großen Regenten aller Siegreichen, Goshir Gyaltsab Rinpoche, Kyabje Yongey Mingyur Rinpoche, die weiteren Tulkus, Khenpos, Acharyas, spirituellen Freunden, allen Mönchen und Nonnen von den verschiedenen Klöstern und zu allen vertrauensvollen Laien aus der ganzen Welt.
In diesem Jahr sind die hauptsächlichen Sponsoren des Kagyü Mönlams eine Gruppe von Laien und Ordensmitgliedern aus der Nyeshang Region in Nepal. Wir alle kennen diesen Platz in Nepal. Der Jäger Kira Gönpo Dorje, ein Jünger von Jetsün Milarepa kam von dort. Von dieser Zeit an hatte Nyeshang eine ungewöhnliche und edle Verbindung mit den Kagyüpa. Weiterhin habe ich einen Führer für Pilgerreisen in Nepal vom VI. Shamar Rinpoche gesehen. Als er in Nepal reiste, kam er durch Nyeshang und lobte die Menschen dieser Region in Bezug auf ihr großes Vertrauen in den Dharma und ihre Güte. Als ich 1999 Tibet verließ, kam ich durch Nyeshang. Dort gibt es einen Pass, genannt To-rang. Er ist sehr hoch und sehr steil. Die Spitze ist ein Pass wie ich ihn nie zuvor erlebt habe und es war sehr schwer, ihn zu überqueren. Basierend darauf habe ich einen starken Eindruck von und Liebe zu Nyeshang. All ihr Sponsoren habt nicht nur Geld und viele materielle Dinge gespendet, sondern habt ebenfalls gedient mit euren Körpern und eurer Sprache, habt Tee serviert, Matten und andere Dinge bereitgestellt, ausgefegt, gesäubert usw. Sie haben wirklich hart gearbeitet, in vielen größeren und kleineren Rollen gedient. Deshalb sind Sie Sponsoren bei Namen und in aktuellem Tun und alles ist sehr gut geworden.
Es kam mir so vor, dass andere Menschen der Himalaya-Region von Eurem Beispiel lernen könnten. Zum Beispiel gibt es verschiedene Menschen von Sikkim. Vielleicht könnten sie Sponsoren für ein Kagyü Mönlam in der Zukunft sein. Diese Arbeit zu tun wäre sehr gut, nicht wahr? Gleichermaßen gibt es Bhutanesen. In Nepal gibt es Menschen von Dolpo, Nubri, Tsum usw. Wenn Sie aus diesen Gegenden die Möglichkeit haben, denke ich, dass es gut wäre, wenn Sie auch so handeln würden. Wir alle sind seit Generationen miteinander verbunden und wenn sie die Möglichkeit wahrnehmen, dem Kagyü Mönlam zu dienen, dann, denke ich, wäre das ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte Ihrer Menschen.
Für das diesjährige Kagyü Mönlam habe ich persönlich Chamgon Situ Rinpoche gebeten, ganz sicher zu kommen, aber letztendlich war Rinpoche nicht in der Lage, teilzunehmen. Deshalb bat ich Goshir Gyaltsab Rinpoche zu kommen und wie letztes Jahr der Leiter der Versammlung zu sein. Nicht nur dazu stimmte er zu, sondern gewährte während dem Vor-Mönlam-Programm die tiefgründige Torma Ermächtigung von Chenrezig, den fünf Gottheiten von Gyalwa Gyatso. Anschließend gab er während des aktuellen Mönlams tiefe Belehrungen zum Sieben-Punkte-Geistestraining. Rinpoche hat hart für uns alle gearbeitet. Deshalb möchte ich Rinpoche im Namen aller Kagyüpas und vorwiegend all derer die am Kagyü Mönlam teilnahmen, für seine große Güte danken.
Ein anderer glücklicher Umstand dieses Kagyü Mönlams war, dass der hohe Tulku Sangye Nyenpa Rinpoche im Vor-Mönlam-Programm die tiefgründigen Belehrungen zu »The Ganges Mahamudra« gewährte. Ich bin Rinpoche sehr dankbar für die Erfüllung meiner Hoffnungen, so wie ich sie ausgedrückt hatte.
In Wahrheit, in Bezug auf den Dharma, ist das Kagyü Mönlam eines der wichtigsten Ereignisse unseres Jahres. Nun konnte ich bereits zum zweiten Mal nicht teilnehmen – das ist recht denkwürdig. Deshalb möchte ich diese Gelegenheit wahrnehmen um mich bei Euch allen zu entschuldigen.
Im November letzten Jahres war ein großes Treffen in Dharamsala geplant, zu dem alle Führer der verschiedenen Linien dringend zur Teilnahme aufgerufen waren. Mein Wunsch, dem nachzukommen, war sehr groß. Im Oktober davor hatte ich gedacht, dass ich schnell nach Indien reisen würde, bevor ich nach Kanada ginge. Ich wollte Seine Heiligkeit den Dalai Lama treffen, da ich ihn lange Zeit nicht gesehen hatte. Auch wollte ich Mitglieder der indischen Regierung treffen und mit ihnen einige Dinge besprechen. Mein Wunsch war es, hinzureisen. Aber, wie ihr alle wisst, habe ich einen neuen Pass. Sobald ich den neuen hatte, wurde mein altes Dokument, I.C. (Identity Card), außer Kraft gesetzt. Nachdem dies so war, ging ich, sobald ich den neuen Pass bekam, zur indischen Botschaft in New York um die I.C. umzuwandeln. Ich ging hin und sagte ihnen, dass es für mich nötig ist, das alte Reisedokument umzuwandeln. Weiterhin bat ich darum, mir ein Visum in meinem neuen Pass zu gewähren. Aber die Bediensteten dort sagten, dass sie dazu nicht autorisiert seien und mit den Bediensteten in Delhi darüber sprechen müssten. Es ging oftmals Hin und Her und nahm einige Zeit in Anspruch. Am Ende konnte ich diese Dinge nicht erledigen.
Danach sollte ich nach Kanada gehen, aber ich war nicht in der Lage dazu. Noch dachte ich, ich sollte am Treffen der Oberhäupter der Linien teilnehmen. Am Ende wurde das Treffen abgesagt, da das Oberhaupt der Nyingma Linie, Katok Getse Rinpoche, verstorben war. All die Arbeit rund um den Pass war nicht gelöst, so dachte ich, sie auf die Seite zu legen und für eine Weile zu pausieren. Ich fühlte mich physisch nicht gut und dachte daran mich zu entspannen und ein Retreat zu machen. Ich dachte, es wäre gut, die Dinge rund um den Pass nicht zu überstürzen, sondern vorsichtig anzugehen. Bis zum heutigen Zeitpunkt war ich nicht in der Lage zurückzukehren, aber wir setzen unsere Gespräche mit der indischen Regierung fort. Ich hoffe, dass ich so bald wie möglich nach Indien zurückkehren kann um Euch alle zu sehen.
Es ist üblich, dass am letzten Tag des Mönlams eine spezielle Ansprache gehalten wird. Obgleich ich nichts Spezielles mitzuteilen habe, möchte ich Euch alle ermutigen. Ich hatte seit 2004 die faktische Aufgabe, das Mönlam zu betreuen. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen und viele Dinge haben sich an vielen Fronten verändert. Ich denke, dass es viele positive Neuerungen gegeben hat, viele Änderungen zum Besseren hin. Ich betrachte als wichtigste Anpassung die des Benehmens und Verhaltens der Ordensmitglieder.
Die Vinaya Belehrungen des wahren Dharma haben wir so gut wir konnten praktiziert. Wir haben eine Menge Arbeit getan um das Verständnis in diesem Bereich zu erhöhen. Ihr alle kennt den Grund dafür. Es gibt viele die in Tibet Indien, Nepal, Bhutan usw. Mönche und Nonnen werden. Aber von denen verstehen nicht viele was es heißt, ein Mönch oder eine Nonne zu sein. Um dem Begriff Mönch oder Nonne gerecht zu werden, müssen wir zuerst verstehen, was es heißt, ein Mönch oder Nonne zu sein. Aus diesem Grund gibt es keine andere Wahl als unsere Ordensmitglieder darüber zu informieren.
Vor allem denken viele, dass nach der Ordination oder entsprechend den Vinaya, dass es viele Dinge gibt die gewöhnliche Menschen tun dürfen und Ordensmitglieder nicht länger tun dürfen. Sie denken, dass viele Dinge nicht erlaubt sind, dass es wie ein Bündel von Regeln ist. Aber in Wirklichkeit sind die Gelübde der Ordination nicht nur Regeln oder eine Liste von Dingen, die wir tun dürfen oder nicht tun dürfen. Was wichtiger ist, ist, dass sie das Verlangen oder das Streben nach Erleuchtung sind oder mit Entsagung zu tun haben. Diese Entsagung oder Emanzipation ist sehr wichtig. Außerdem sollte sie nicht fabriziert sein, d.h. dass es nicht notwendig sein sollte, sie herzustellen, sie sollte natürlicherweise aus dem Inneren kommen. Wenn es so ist, nennen wir es nicht-fabriziert. Wenn es auf unfabrizierte Weise in unserem Sein entsteht, haben wir das, was wir „das ethische Verhalten der Entsagung“ oder „vollkommen reine Gelübde“ nennen. Wenn wir dies nicht entstehen lassen, werden wir nicht „vollkommen reine Gelübde“ oder „das ethische Verhalten der Entsagung“ haben. Aus diesem Grund sind die Gelübde der Ordination nicht nur eine äußere Form oder ein Ritual von Körper und Sprache. Wahrlich, die Essenz der inneren Bedeutung ist das Hervorbringen des Geistes, der nach Erleuchtung strebt und der Geist unfabrizierter Entsagung oder der Wunsch nach Emanzipation.
Es gibt eine Belehrung des spirituellen Freundes der Kadampa, Potowa, in der er sagt, dass er zuerst Novizengelübde und volle Ordination von einem Abt erhalten hat. Erst später, als er dem alten Shramana von Ratreng folgte, erhielt er tatsächlich die Gelübde der Ordination. Nun, dieser alte Shramana von Ratreng ist Dromtönpa. Dromtönpa war Laie, ein Haushalter. Also hat er tatsächlich die Novizen- und vollständigen Ordensgelübde von einem Laien erhalten. Was meinte er damit? Basierend auf der Güte von Dromtönpa erzeugte er den Geist der Entsagung, und es ist auf der Basis der Erzeugung des Geistes der Entsagung, dass man die wahren Gelübde erhält, die vollständig reinen Gelübde, das ethische Verhalten der Gelübde der Entsagung. Die Gelübde, die er zuvor erhalten hatte, waren nur eine äußere Erscheinung des Erhaltens von Gelübde. Er hatte nicht die innere Essenz der Gelübde erhalten, die Lebenskraft der Gelübde. Dies beschreibt einen sehr wichtigen kritischen Punkt. Die Gelübde werden nicht allein durch die äußere Form erhalten. Was wir wirklich brauchen, um die wahrhaften Gelübde zu erhalten, kommt aus der inneren Essenz.
Nehmt mich als Beispiel. Bis ich sieben Jahre alt war (nach westlicher Zeitrechnung) lebte ich mit meiner Familie. Nachdem ich in Gegenwart der Jowo Statue in Lhasa anerkannt worden war, schnitten Chamgon Situ Rinpoche und Kyabje Gyaltsab Rinpoche in einer Zeremonie mein Haar. In Wahrheit erhält man während der Zeremonie des Haareschneidens die Laiengelübde der dreifachen Zuflucht. Das ist Teil der Upasaka- oder Laiengelübde. Zu dieser Zeit war ich sehr jung und verstand nicht wirklich, was die beiden Rinpoches mir gaben, es war eher wie eine Show für die Versammelten. Aber es war das Laiengelübde der dreifachen Zuflucht. So hatte ich nicht mehr als die Laiengelübde erhalten, nicht einmal die vollen Laiengelübde, es war wirklich nur das dreifache Zufluchtsgelübde. Drupön Dechen Rinpoche lebte noch zu dieser Zeit. Er sagte mir, dass, weil ich der Karmapa sei, meine Situation speziell sei und dass es für mich in Ordnung sei, Mönchsroben zu tragen. Von dieser Zeit an trug ich die Roben, obwohl ich keine Ordinationsgelübde hatte.
Nachdem ich 2002 nach Indien gekommen war, gab mir Kyabje Tenga Rinpoche einige Hinweise. Er sagte: „Bisher hast Du keinerlei Ordinationsgelübde erhalten und es wäre gut, wenn Du sie erhieltest. Das erste Gelübde, das Du nehmen solltest ist Barma Rabjung, die Zwischen-Ordination.“ Ich hatte zum ersten Mal von einer Zwischen-Ordination gehört. Es wird gesagt, dass der XVI. Gyalwang Karmapa diese Zwischen-Ordination von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama erhalten hatte. So dachte Rinpoche, dass es gut wäre, wenn ich sie von Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama erhalten würde. Tenga Rinpoche empfahl des Weiteren, dass es gut für mich sei, auch in Hinblick auf die Kagyü-Tradition, die Novizen- und vollen Ordinationsgelübde von Chamgon Tai Situ Rinpoche und Kyabje Gyaltsab Rinpoche zu erhalten. Wir teilten diesen Ratschlag mit Chamgon Situ Rinpoche und Kyabje Gyaltsab Rinpoche und sie meinten ebenfalls, dass dies gut sei. Eine Nachricht wurde an Seine Heiligkeit über Lobsang Jinpa, dem Sekretär des privaten Büros Seiner Heiligkeit, gesandt mit der Bitte um Gewährung der Zwischen-Ordination. Dies mit der Erklärung, dass, nachdem ich die Linie der Gelübde in der Kagyü-Tradition aufrechterhalten muss, es für mich den Plan gebe, die Novizen- und vollen Ordinationsgelübde von Chamgon Situ Rinpoche und Kyabje Gyaltsab Rinpoche in der Zukunft zu erhalten. Seine Heiligkeit stimmte zu.
Als ich 2002 16 Jahre alt war, gewährte mir Seine Heiligkeit die Gelübde der Zwischen-Ordination. Als er dies tat, gab er mir sowohl die Zwischen-Ordination als auch Getsül (Novizengelübde) zur gleichen Zeit. Wir hatten nur um die Zwischen-Ordination gebeten, aber Seine Heiligkeit gab mir beide Ordinationen. Er muss einen speziellen Grund dafür gehabt haben. Obgleich mein Gedanke zu der Zeit war, zuerst die Zwischen-Ordination zu erhalten und später die Novizenordination von Situ Rinpoche und Gyaltsab Rinpoche gab mir Seine Heiligkeit beide. Innerhalb unserer Linie gab es Gespräche über die Wichtigkeit, dass ich die Gelübde entsprechend der Tradition nehme und dass es nicht ganz richtig sei, anders zu handeln. Aber zu dieser Zeit, um offen zu sein, hatte ich den Vinaya nicht richtig studiert. In Wirklichkeit ist das Gelübde der Zwischen-Ordination nicht die tatsächliche monastische Ordination. Es ist wirklich nur die Erlaubnis die Robe zu tragen, das Symbol religiöser Ordination. Man legt die Kleidung von Laien ab und legt die symbolischen Roben der Ordination an, aber dies ist nicht die tatsächliche Ordination.
Danach verstrich viel Zeit während ich mich fragte, ob ich die Novizengelübde entsprechend unserer Kagyü-Tradition nehmen sollte oder nicht, und was ich in Hinblick auf die volle Ordination tun sollte. Des Weiteren beschäftigte ich mich sehr mit dem Kagyü Mönlam. Als ich den Vinaya studierte und mein Verständnis von ihm schrittweise wuchs, hatte ich den Eindruck, dass mein bisheriger Weg, mich Gelübden zu nähern, nicht korrekt war. Ich dachte, dass mein früherer Zugang, sie zu nehmen, nicht richtig war und dass, wenn ich die Gelübde wirklich auf reine Weise nehmen wollte, ich zum Anfang zurückgehen sollte. Insbesondere braucht man stabile Entsagung und das Wünschen nach Emanzipation in seinem Sein, wenn man die Gelübde rein in sich aufnehmen möchte. Ohne dies wäre es schwierig die Gelübde auf stabile Weise zu halten. Heutzutage scheint es so zu sein, dass wir nur der Gewohnheit folgen, Gelübde von Mönchen und Nonnen zu nehmen. Es ist sehr selten, dass jemand tief darüber nachdenkt und aus der Tiefe seines Seins wünscht, ordiniert zu werden. Ich denke, dass viele Menschen sich wundern und darüber sprechen, warum ich bis heute keine volle Ordination genommen habe. Von meiner Seite aus ist es das Wichtigste, dass, wenn Entsagung und der Wunsch nach Emanzipation nicht wahrhaftig entstanden sind, die Novizen und vollen Mönchsgelübde nicht auf dem ethischen Verhalten gegründet sein werden, das nach Befreiung verlangt. Es wäre schwierig für sie, in perfekt reinem ethischen Verhalten zu münden, obgleich es einen gewissen Nutzen geben muss, die Gelübde zu halten.
Des Weiteren sind die modernen Zeiten anders als die Zeiten der Vergangenheit. Die vorangegangenen Epochen früherer Meister waren unterschiedlich. Heutzutage gibt es viele Schwankungen, viele äußere Entwicklungen und viele innere und äußere Gründe für Ablenkung. Nehmen Sie mich als Beispiel: Ich habe nicht nur über Dharma nachzudenken, ich bin von Politik betroffen, ich treffe viele Arten und Nationalitäten von Menschen und ich bin in andere Lernzugänge involviert. Dies kreiert eine Menge von Geschäftigkeit und Ablenkung. Wahrhaft, in einer solchen Situation ist es sehr schwer, stabile Entsagung und einen Geist mit dem stabilen Verlangen nach Befreiung zu haben. Ohne diese beiden ist es schwierig, die Gelübde auf komplett reine Art zu halten. Ich versuche, stabile Entsagung in meinem Sein zu entwickeln. Ich versuche, einen bestimmten Grad von wahrhafter Entsagung zu entwickeln. Es ist schwierig, ein wirklich hohes Level zu generieren. Aber wenn ich ein bestimmtes Level von Entsagung entwickel, fühle ich, dass ich in der Lage sein werde, die Gelübde von individueller Befreiung auf vollständige und komplette Art zu erhalten. Dann, zur Todeszeit, wenn ich mit Unterstützung der Ordination sterben kann, fühle ich, dass mein Geist entspannt sein wird. Das ist die höchste Hoffnung, die ich für mich habe und der Grund, warum die Dinge bis heute so sind. In Kürze: Was ich betonen wollte ist, dass die Ausübung der drei grundlegenden Rituale sehr wichtig ist. Einige Zeit zuvor dachte ich, dass es ausgezeichnet wäre, wenn wir diese drei grundlegenden Rituale gut und auf richtige Art und Weise ausüben könnten. Ich recherchierte dies gründlich. In unseren verschiedenen Klöstern scheint es in diesen Tagen schwierig zu sein, die Voraussetzungen für die komplette Durchführung zu schaffen. Ich denke wir könnten es tun, wenn es eine Institution gäbe, die sich konzentriert auf den Vinaya fokussieren würde, und wenn es auch nur 100 Mönche gäbe, die den Vinaya von der Tiefe ihres Herzens aus praktizieren würden. Jedoch wäre es in den heutigen Klöstern schwierig, die drei grundlegenden Rituale perfekt auszuüben.
Wenn wir uns die Quellentexte ansehen sehen wir alle die Dinge, die so wie wir sie tun nicht richtig sind. Wir sehen nicht viele Beispiele, die wir richtig machen. Von einer Perspektive aus muss es so sein, dass es eine große Lücke gibt zwischen unseren Hoffnungen und der Art und Weise wie die Dinge wirklich sind. Wir können uns wünschen was wir wollen aber das heißt nicht, dass dies sich in der Realität zeigen wird. Wir können unser Bestes geben, aber manchmal scheinen unsere Wünsche und die reale Situation weiter und weiter auseinander zu gehen. Wir erfahren diese Schwierigkeit hin und wieder. Wie auch immer, wenn es ein Vinaya-Kloster gäbe, wo der Vinaya wie in der Vergangenheit praktiziert werden würde, könnte die Tradition der Gelübde sich verbreiten und die drei grundlegenden Rituale könnten auf exzellente Art und Weise ausgeübt werden. Dies ist genau genommen unverzichtbar. In Tibet gab es früher solche Vinaya-Klöster. Ebenso können wir dies in der chinesischen Geschichte sehen. Jedenfalls ist mein Grund dies mitzuteilen der, dass wir bestrebt waren, das Verhalten und die Rituale des Vinaya zu einem wichtigen Teil des Kagyü Mönlams zu machen. Ich möchte Euch dazu ermutigen, Anstrengungen dazu fortzusetzen, weil das Verhalten und das dafür anwachsende Verständnis eine der wesentlichen Voraussetzungen für einen guten Ablauf des Mönlams ist. Es heißt, dass es keinen Verhaltensaspekt gibt, vom Bhagavan Buddha angelegt, den wir nicht ausüben können. Es kommt nur darauf an, ob ein Individuum ihn untersucht oder nicht.
Der zweite Punkt, den ich aufgreifen möchte, sind einige wichtige Neuigkeiten vom letzten Jahr. Damit meine ich mein Treffen mit Gyalwa Thaye Dorje. Dies wurde weithin berichtet und danach hatte ich die Möglichkeit zu klären was geschah. Ich möchte nun diese Gelegenheit ergreifen mehr darüber zu sagen. Das wichtigste Ziel des Treffens war ausschließlich zum Nutzen für den Dharma und die Lebewesen. Ich arbeite immer dafür. Im Allgemeinen sagen die Menschen, dass ich Karmapa bin, ein Buddha, ein Bodhisattva. Sie sagen was sie sagen. Aber wenn ich selbst schaue, sehe ich ein gewöhnliches Wesen mit Beschwerden und Fehlern, nicht jemanden, der von Fehlern frei und ausgestattet ist mit all den Qualitäten wie andere es glauben. Wie auch immer, mein Wunsch, den Belehrungen und Lebewesen zu nutzen ist niemals verschwunden und zum Mindesten bete ich, dass ich in der Lage sein werde, nicht nur in dieser Lebenszeit, sondern in allen Lebenszeiten zum Nutzen des Dharma und der Lebewesen zu sein. Insbesondere habe ich für mich selbst keinerlei Zuversicht oder keinen Grund zu denken, dass ich in der Zukunft in einem reinen Bereich geboren werde. Doch ob ich in den höheren Bereichen als Gott oder Mensch geboren werde oder ob ich in den niederen Bereichen als ein Pferd oder Affe etc. geboren werde, egal als was: Möge ich in der Lage sein, mich vertrauensvoll an die Drei Juwelen zu erinnern und meine mitfühlenden Wünsche für alle Lebewesen, die einmal meine Eltern waren, nicht zu vergessen. Im Speziellen war ich aufgrund meines guten Karmas, das ich in der Vergangenheit angesammelt habe, in der Lage, als Diener der Lehren der Kagyü-Linie geboren zu werden, als Beschützer der Lebewesen. Ebenso war ich in der Lage, den Segen der Linie der großen Karmapas zu erhalten. Demnach denke ich immer, dass wir den Segen des Ozeans der Kagyü Siddhas nicht schwach werden lassen dürfen, und dass wir den Namen von Buddha Karmapa in all unseren Lebenszeiten im Gedächtnis behalten sollten, ihn niemals vergessen sollten. Bitte betet alle, dass wir dies erreichen.
Momentan bin ich im Retreat mit nur einigen Menschen um mich herum. Mein Körper und Geist sind nicht wie zuvor. Ich bin in einer Phase, in der ich mich traurig und entmutigt fühle. Speziell steigt der Gedanke von Tod und Vergänglichkeit sehr stark in mir auf. Vielleicht ist es aus der Perspektive eines Praktizierenden gut, das Bewusstsein von Tod und Vergänglichkeit zu entwickeln. Aber aus einer anderen Perspektive geschieht dies, wenn ich mich körperlich nicht sehr wohl fühle. Ich kann es nicht genau erklären.
Für lange Zeit hörte man nicht viel darüber, was ich tue, und es gibt viele Gerüchte und eine Menge vom Hörensagen. Wir sind alle gleich. Egal wer wir sind, Menschen sagen alles Mögliche über uns. Sie missverstehen oder erfinden Dinge. In meinem Leben geschah dies oft, von der Zeit als ich klein war bis heute. Solche Situationen geschehen uns allen oft. Aber das Wichtigste ist, an uns selbst zu glauben, da unser Geist nicht vor uns selbst verborgen ist. Wie ich zuvor schon sagte, habe ich vor, zum Wohle des Buddhismus und der Lebewesen meine Arbeit fortzusetzen.
Um abzuschließen: Dieses 36. Kagyü Mönlam ist sehr gut verlaufen. Es war exzellent am Anfang, exzellent in der Mitte und exzellent am Ende. Dies ist in erster Linie der Güte von Goshir Gyaltsap Rinpoche zu verdanken, all den Lamas und Tulkus und dem Ozean des Sangha. Ich möchte Ihnen allen danken. Ich bete dafür, dass ich persönlich in der Lage sein werde, zum 37. Kagyü Mönlam zu kommen und mit meinem Körper, meiner Sprache und meinem Geist zu dienen. Meinen Dank euch allen!