Karmapa in Tibet
Seine Heiligkeit der XVII. Karmapa Ogyen Trinley Dorje wurde 1985 als Kind einer Nomadenfamilie in Ost-Tibet geboren. Er wurde anhand der Instruktionen des Prophezeihungsbriefs des XVI. Karmapa gefunden. Die Identität der Wiedergeburt wurde nicht nur von Tai Situ Rinpoche und Gyaltsab Rinpoche, den Linienhaltern und Herzenssöhnen des XVI. Karmapa, sondern auch von S.H. dem XIV. Dalai Lama bestätigt.
1992 wurde Seine Heiligkeit Karmapa in Tsurphu, dem traditionellen Sitz der Karmapas in Tibet, inthronisiert. Schon in frühen Jahren zeigte sich, dass er ein großer und gelehrter Meister werden würde, wie alle anderen Karmapas vor ihm. Bereits im Alter von 8 Jahren gab der Karmapa seine erste öffentliche Einweihung und er meisterte bald alle Lehren und Praktiken, welche die Mönche in Tsurphu ihm vermitteln konnten.
Auch begann Karmapa damit, die Reinkarnationen anderer bedeutender Kagyü-Lamas zu erkennen, so z. B. die von Jamgön Kongtrul Rinpotsche. Schließlich übernahm Seine Heiligkeit die Leitung beim Wiederaufbau des Klosters Tsurphu, so den Wiederaufbau der Klosteruniversität (Shedra).
Für die Finanzierung des Baus der Shedra sorgte, dem Wunsch Karmapas entsprechend, die Karma Kagyü Gemeinschaft Deutschland mit einer deutschlandweiten und internationalen Spendenaktion. In diesen ersten Jahren besuchten jedes Jahr zwei Vorstandsmitglieder Karmapa und unterstützen ihn und das Kloster nach Kräften. Dies war der Anfang der engen, vertrauensvollen Verbindung zwischen Seiner Heiligkeit und den Vertretern unseres Vereins und des Kamalashila Instituts.
Schrittweise übernahm Seine Heiligkeit die Führung der Karma-Kagyü-Klöster und Zentren in der ganzen Welt. Der junge Karmapa zog Tausende Menschen an, die zu ihm nach Tsurphu pilgerten – vor allem Tibeter, aber auch große Gruppen aus China und aus aller Welt.
Karmapa in Indien
Im Alter von 14 Jahren beschloss Karmapa, die sehr gefährliche und schwierige Flucht aus Tibet nach Indien zu wagen. Dieses Risiko ging er ein, weil es ihm nicht erlaubt war, seine Lehrer aus Indien zu sich nach Tibet zu holen, wodurch er die erforderlichen Übertragungen und bestimmte Belehrungen nicht erhalten konnte. Des Weiteren sah Karmapa voraus, dass er in Zukunft von chinesischer Seite gegen Seine Heiligkeit den XIV. Dalai Lama ausgespielt werden sollte.
Flucht nach Indien
Die Welt staunte nicht wenig, als der 14-jährige Karmapa am 5. Januar 2000 in Dharamsala eintraf und vom Dalai Lama empfangen wurde, der ihn unter seine Obhut nahm. Er gewährte Karmapa als vorläufige Residenz Räume in der Gyuto Tantric Monastery nahe Dharamsala, eines der bedeutendsten Gelugpa Klöster in Indien.
Aus dieser Interimslösung ist ein Dauerzustand geworden, dessen Ende noch nicht abzusehen ist. Seitens der indischen Regierung wurde Karmapa wiederholt von den Geheimdiensten befragt. Erst Anfang 2001 erhielt der Karmapa den Flüchtlingsstatus. Danach begab er sich auf seine erste Pilgerreise zu verschiedenen buddhistischen Stätten in Indien.
Während der 16 Jahre seit seiner Ankunft in Indien hat der Karmapa als Gast der indischen Regierung gelebt. Seine Heiligkeit hat seine traditionelle klösterliche und philosophische Ausbildung fortgesetzt, hat aber auch das Studium moderner Themen wie Wissenschaft und die englische Sprache begonnen.
Karmapa hatte schon in Tibet die Verantwortung für die Klöster und Zentren der Karma-Kagyü-Linie übernommen. In Indien begann er Reformen für das Studium und die Disziplin der Karma-Kagyü-Klöster einzuführen.
Als hauptsächliche Plattform seiner Aktivitäten wählte er das Kagyü Mönlam. Das jährliche Gebetsfest in Bodhgaya zieht tausende Mönche, Nonnen und Laienanhänger aus der ganzen Welt an. Karmapa begann auf dem ersten von ihm geleiteten Kagyü Mönlam damit, die Mönche und Nonnen zu unterweisen, wie sie sich gemäß der Ordensregeln im Vinaya Pitaka zu kleiden und zu verhalten haben. Es folgten Anleitungen für Meditation, Praxis und Gebet.
2007 bat Karmapa seine Klöster, nachdem er sich selbst bereits mehrere Jahre vegetarisch ernährt hatte, kein Fleisch mehr anzubieten. Karmapa erklärte, dass es für die Entwicklung von wahrem Mitgefühl und zur Reduktion von Leiden nötig sei, dies auch praktisch umzusetzen. Am Ende seiner Unterweisung hoben tausende Mönche, Nonnen und Laien die Hände, um sich zu verpflichten, künftig vegetarisch zu essen.
2014 hat Karmapa eine historische Entwicklung zur Stärkung der Frauen im tibetischen Buddhismus in Gang gesetzt, indem er zunächst ein jährliches „Arya Kshema“, ein Winter Dharma Treffen für Karma-Kagyü- Nonnen einführte. Dadurch verbesserte Karmapa die Ausbildung der Nonnen. Rund 300 Karma-Kagyü-Nonnen nahmen daran teil.
Sie debattierten nicht nur erstmalig, sondern übernahmen auch selbst alle Aktivitäten wie das Anleiten von Ritualen, Rezitationen und das Disziplinieren der ganzen Versammlung, was bisher nur Mönchen vorbehalten war.
Anfang 2015 hat S. H. der XVII. Karmapa nun erklärt, dass der Prozess zur Einführung einer vollen Ordination für Frauen 2016/2017 beginnen wird. Damit beendete er eine jahrzehntelange Debatte, ob und wie die volle Ordination für Nonnen im tibetischen Buddhismus reinstalliert werden kann.
Karmapa betrachtet den Schutz der Umwelt als gleichbedeutend mit der Dharmapraxis. Er wünscht sich, dass buddhistische Klöster Umweltprojekte anleiten, zumal sich die Himalaya Region zunehmend mit enormen Folgen der Klimaveränderung konfrontiert sieht. 2009 gründete Seine Heiligkeit „Khoryug“ (tibetisch: Umwelt), einen Zusammenschluss von öko-buddhistischen Klöstern im Himalaya, den Karmapa selbst leitet.
Das Netzwerk besteht aus über 55 buddhistischen Mönchs- und Nonnenklöstern, die Umweltschutzprojekte in der Himalaya Region einführen. Er hat Umweltschutzrichtlinien für die Karma-Kagyü-Sangha und ein beliebtes Buch mit dem Titel 108 Dinge, die Du tun kannst, um die Erde zu schützen herausgegeben. Auch ermutigt Karmapa die Menschen besonders in den Industrieländern, weniger Ressourcen zu verschwenden und ein einfacheres Leben zu führen.
Karmapa ist ein regelmäßiger und gerne gesehener Gast in tibetischen Schulen und Universitäten. Er wurde zum Vorbild sowohl für Mut, Hingabe und starke Bewahrung authentischer Traditionen, als auch für seine Offenheit für positive moderne Einflüsse – auf Tibeter und Jugendliche im Besonderen. Aus den Gesprächen zwischen Karmapa und der jüngeren Generation sind zwei wichtige Bücher hervorgegangen: Die Zukunft ist jetzt und Das edle Herz. Karmapa hat immer wieder betont, dass er eine starke Verbindung zu Jugendlichen empfindet und gerne mit ihnen diskutiert und im Dialog ist.
In seinem Vorgehen ist Seine Heiligkeit sowohl traditionell als auch innovativ und künstlerisch. So führte er z. B. im Januar 2014 in Bodhgaya den Guru Padmasambhava Lama Tanz entsprechend der Tradition auf.
Gleichzeitig jedoch entschied er, dass die weiblichen Rollen durch Nonnen und nicht mehr durch Mönche zu spielen seien. Die Tänze gehören zu den segensreichsten und prächtigsten Aufführungen der tibetisch-buddhistischen Kultur.
Karmapa ist nicht nur ein Gelehrter und Meister in allen Bereichen tibetisch-buddhistischer Studien, auch seine Gedichte, Gemälde, Kalligraphien sowie seine Theaterstücke und Lieder, die er mit den Künstlern des Tibetan Institute of Performing Arts (TIPA) aufführt, finden große Anerkennung. Er studiert mit Interesse Sprachen und Kulturen unterschiedlicher asiatischer und westlicher Zivilisationen und lernte Sanskrit, Hindi, Chinesisch, Koreanisch, Vietnamesisch und Englisch.
Auch ist Karmapa sehr an modernen Wissenschaften interessiert und hat aktiv an den „Mind and Life“-Konferenzen mit Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama teilgenommen.
Karmapa im Westen
Seine Heiligkeit der XVI. Karmapa besuchte zahlreiche Orte in Europa und Amerika und gründete dort viele Karma-Kagyü-Gruppen und Zentren. Seine Anhänger und Unterstützer baten nun den XVII. Karmapa wiederholt, sie zu besuchen.
Im Mai 2008 unternahm der XVII. Karmapa seine erste Reise in den Westen, in die USA, wo er in vielen Dharmazentren und öffentlichen Veranstaltungsräumen lehrte. 2011 sowie 2015 konnte Karmapa die Vereinigten Staaten erneut besuchen.
2014 reiste der XVII. Karmapa auf Einladung der Karma Kagyü Gemeinschaft Deutschland zum ersten Mal nach Europa. Wie sein Vorgänger spürt Karmapa eine starke persönliche Verbindung zu diesem Kontinent. Er sagte einmal, er habe gelegentlich die Vorstellung, schon einmal als Bauer in Deutschland gelebt zu haben.
Sein erstes Reiseziel war sein Hauptsitz in Europa, das Kamalashila Institut, dessen Stupa er während seines dortigen Aufenthaltes weihte.
Wiedersehen im Kamalashila Institut
Schon 2015 konnte Karmapa auf erneute Einladung der Karma Kagyü Gemeinschaft wieder nach Deutschland reisen. Er besuchte sein Kamalashila Institut. Bei dieser Gelegenheit traf er die Bürger Langenfelds in der Pfarrkirche St. Quirinus, wo diese nach einem kurzen Vortrag ausgiebig von der Gelegenheit Gebrauch machten, dem Karmapa Fragen zu stellen.
Die Veranstaltung schloss mit einem Friedensgebet unter gemeinsamer Leitung von Monsignore Schrupp (dem Pfarrer der Gemeinde) und Karmapa.
An 4 Tagen hielt Seine Heiligkeit Vorträge und Ermächtigungen im nahe gelegenen Bonn. Hier fand auch ein Treffen mit in Europa lebenden Tibetern statt. Danach erfolgte der Besuch des Klausurzentrums Karma Tekchen Yi Ong Ling in Halscheid, verbunden mit einem Treffen der ehemaligen 3-Jahresretreat-Teilnehmer.
Am Schluss standen Besuche der Zentren der assoziierten Vereine Karma Tengyal Ling e.V. in Menz, Brandenburg, und Ringu Tulku Rinpotsches Bodhicharya Deutschland e.V. in Berlin.
2016 konnte Seine Heiligkeit Karmapa endlich auch in andere europäische Länder reisen. Seine Heiligkeit besuchte die Schweiz und Frankreich. Er gab an drei Wochenenden verschiedene Belehrungen und Ermächtigungen in Genf, Zürich und Paris.
Einen kurzen Aufenthalt in Deutschland nutzte Seine Heiligkeit zu einem Überraschungsbesuch im Kamalashila Institut.
Nach der Ankunft Seiner Heiligkeit hatten Vertreter des Vereins und des Kamalashila Instituts die wunderbare Gelegenheit mit ihm seinen „tatsächlichen“ 31. Geburtstag zu feiern und gemeinsam zu Mittag zu essen. Danach besprach er im kleinen Kreis die zukünftige Entwicklung des Kamalashila Instituts.
Verein und Institut danken Seiner Heiligkeit für die segensreiche Zeit und hoffen auf ein schnelles Wiedersehen im Kamalashila Institut.