Die tibetische Gemeinschaft in Toronto, die größte in Nordamerika, füllte, in prächtigen Chupas aus Brokat und mehrfarbigen Schürzen, das Auditorium für die vierte und letzte Sitzung der zwei Tage dauernden Video-Belehrungen.
Der XVII. Gyalwang Karmapa gab die Übertragung der Chenrezig-Sadhana nachdem er die Ermächtigung aufgrund seiner persönlichen Abwesenheit nicht gewähren konnte. Einer Mandala-Opferung zur Gewährung der Übertragung folgte die Rezitation des Zufluchtsgebetes und des Erleuchtungsgeistes. Anschließend, basierend auf den vorangegangenen drei Sitzungen, wurden die Zuhörer gebeten, die Visualisation aufrecht zu erhalten, während der XVII. Gyalwang Karmapa die Sadhana las und das Singen des sechssilbigen Mantras Om Mani Padme Hum leitete.
Seine Heiligkeit der XVII. Gyalwang Karmapa erklärte, den historischen Hintergrund herausarbeitend, dass aufgrund der engen Beziehung zwischen Chenrezig und den Tibetern, nicht nur der Karmapa, sondern auch andere hohe Lamas als Ausstrahlungen des noblen Chenrezig angesehen werden. Auch Seine Heiligkeit der Dalai Lama wird als Ausstrahlung angesehen und von daher ein Instrument der ungebundenen Aktivität von Chenrezig zum Wohle aller lebenden Wesen. Dennoch gibt es eine starke Verbindung mit der Linie der Karmapas. Die tibetische Tradition der Gebetsmühlen begann in der Zeit des zweiten Karmapas. Karma Pakshi. Dieser führte, entsprechend einer Vision von Dakinis die es sangen, das Rezitieren des sechssilbrigen Mantras mit einer Melodie, ein. Er verbreitete diese Tradition des gesungenen Mantras in ganz Tibet. Des Weiteren ist es Brauchtum, das sechssilbrigen Mantra melodisch zu singen, wenn der Karmapa während der Schwarzen-Krone-Zeremonie die Krone aufsetzt.
Zum Abschluss drückte der XVII. Gyalwang Karmapa seine Hoffnung aus, dass durch die Übertragung des sechssilbrigen Mantras, „Wegen seiner starken Dharma-Verbindung zu uns, wir und alle anderen den Samen von Befreiung und Allwissenheit in unserem Sein wachsen lassen….Mögen wir alle fleißig sein in der Ausübung der Meditationspraxis von Chenrezig um alle Lebewesen, die von Leid geplagt sind, schnell zur unübertroffenen Buddhaschaft zu bringen.“
Der XVII. Gyalwang Karmapa verbrachte dann einige Zeit damit, sehr offen über seine derzeitige Situation zu sprechen.
Es sind nun achtzehn Jahre seitdem er in Indien angekommen ist, aber während der letzten achtzehn Monate befand er sich außerhalb, hauptsächlich in den USA. Es war eine sehr schwierige Zeit, teilweise wegen gesundheitlichen Angelegenheiten, aber auch wegen Problemen die auftauchten und dem Stress, unter dem er in deren Folge stand. „Ich denke, dass die Zeit, die ich in Amerika verbrachte, die härteste meines Lebens war,“ gab er an.
Er erklärte, dass, die indische Regierung den Tibetern ein Reisedokument ausstellt, so dass sie in andere Länder reisen können, dies jedoch nicht den Status eines Reisepasses habe. Die Verwendung dieses Reisedokumentes sei extrem problematisch geworden, vor allem nachdem sich einige Länder weigerten, das Dokument als gültig anzuerkennen. In dessen Konsequenz haben viele hohe Lamas von verschiedenen tibetischen Traditionen nach ausländischer Staatsbürgerschaft gesucht, um in der Lage zu sein frei zu reisen und so ihre Dharma-Aktivität auszuüben. Aufgrund dieser Überlegungen erhielt der XVII. Gyalwang Karmapa die Staatsbürgerschaft der Commonwealth of Dominica (Nicht der Dominikanischen Republik wie in der Presse falsch berichtet.) und erhielt einen Pass. Dies wird ihn in die Lage versetzen auf der ganzen Welt frei zu reisen und seine Dharma-Aktivitäten zu verwirklichen.
Nachdem er den neuen Pass im März 2018 erhalten hatte, informierte der XVII. Gyalwang Karmapa die indische Regierung, Seine Heiligkeit den Dalai Lama und die Zentrale Tibetische Verwaltung über die Änderung seines Status. Der XVII. Gyalwang Karmapa wollte nach Indien zurückkehren und hatte ursprünglich gehofft, dies im Juni 2018 tun zu können. Doch nach der Änderung seines Status benötigt er nun ein Visa und wartet auf die Genehmigung durch die indische Regierung. Der XVII. Gyalwang Karmapa sprach auch über seine Treffen mit Seiner Heiligkeit Thaye Dorje (his recent meetings with His Holiness Thaye Dorje) am 10. und 11. Oktober 2018. Er kommentierte, dass viele Menschen missdeuteten was geschah. Das Hauptziel der Treffen, verdeutlichte er, bestand darin, sich gegenseitig auf einer persönlichen Ebene kennen zu lernen und zu einem persönlichen Verständnis zu kommen. Vor dem Treffen habe er nur wenig über Seine Heiligkeit Thaye Dorje gewusst, so dass dies ein Anfang gewesen sei. Es seien keine Entscheidungen getroffen worden, und es sei immer noch ein weiter Weg zu gehen. Es hänge von der gesamten Karma Kagyü Gemeinschaft ab, was in der Zukunft geschehe. Der XVII. Gyalwang Karmapa betonte, dass jeder eine langfristige Betrachtung brauche, nicht nur auf ein paar Monate oder Jahre, sondern auf einige Dekaden oder Generationen.
Die Karma Kagyü Linie sei in zwei geteilt worden, und diese Teilung sollte nicht von Generation zu Generation fortgesetzt werden, hielt er fest. Tatsächlich, erklärte der XVII. Gyalwang Karmapa, habe ihm Seine Heiligkeit der Dalai Lama geraten, sich mit Seiner Heiligkeit Thaye Dorje zu treffen, Es wäre für die Linie und seine Belehrungen sehr gefährlich, behauptete der XVII. Gyalwang Karmapa, wenn die Karma Kagyü Linie intern streiten würde und parteilich wäre. Einige Menschen hätten die Treffen als eine Niederlage oder als einen Gesichtsverlust für ihn interpretiert, bemerkte er, aber sie als Sieg oder Niederlage anzusehen sei eine falsche kurzfristige Sichtweise. Im Zusammenhang mit der langfristigen Gefahr, dass von der Karma Kagyü Linie nichts übrig bleibe, seien die Fragen von Sieg oder Niederlage nicht so wichtig. Mit dieser Klärung und der Bitte diese Worte im Geiste zu halten, endete die erste Video-Präsentation des XVII. Gyalwang Karmapa am Nachmittag.